„Ich wollte mal nach vermögenswirksamen Leistungen fragen.“ Ganz ernsthaft sitzt die junge Frau mir gegenüber, die noch vor wenigen Wochen ihren Arbeitsvertrag unterschrieben hat. An die Zukunft denkt sie, an Familie und Kinder kriegen – natürlich erst später, wie sie schnell hinzufügt. Meinen überraschten Blick hat sie vermutlich richtig interpretiert.
Wäre der Rahmen ein anderer, würde ich gerne mit ihr ins Gespräch kommen – über Zukunftsängste und Zukunftsvorstellungen der sogenannten Generation Z, der sie scheinbar nicht nur altersmäßig angehört. So wie sie vor mir sitzt und sich durch die Haare streicht, könnte sie auch die neunte oder zehnte Klasse besuchen. Welcher Film am Wochenende ins Kino kommt, welche Jeans gerade angesagt sind, und wer zu welcher Party eingeladen ist; Diese Fragen könnte sie ebenso gut stellen. Aber dafür wäre ich wohl der verkehrte Ansprechpartner.
Also erläutere ich ihr, was das Tarifsystem der Caritas zum Thema vermögenswirksame Leistungen zu bieten hat. Sie lächelt zufrieden, bedankt sich und geht. Als die Tür sich hinter ihr schließt, muss ich erst einmal tief durchatmen. Mir geht die Werbung durch den Kopf: „Papa, wenn ich groß bin, dann will ich auch mal Spießer werden“. Und ich spüre, wie weit meine eigene Gedanken- und Gefühlswelt davon entfernt ist, was sich diese junge Frau von einer arbeitgeberfinanzierten Zusatzvorsorge an Sicherheit für ihr zukünftiges Leben erhofft.
Keine zweitausend Kilometer von uns entfernt tobt seit dreieinhalb Jahren Krieg. In den Nachrichten überschlagen sich Tag für Tag die Meldungen von Krisen, von Attentaten und humanitären Katastrophen in der Welt. Wir leben in Europa auf einer Insel der Glückseligen – auch wenn politische Krawallmacher von rechts außen uns das Gegenteil weismachen wollen. Aber diese Insel ist keineswegs unsinkbar, das erlebe ich in meinem ganz persönlichen Umfeld. Eine tödliche Diagnose, ein zerstörerisches Naturereignis, ein Autounfall mit schlimmen Folgen – alle diese Themen haben uns in den letzten Jahren heimgesucht. Vom langsamen und oft qualvollen Abschiednehmen der älteren Generation ganz zu schweigen. Wie oft habe ich innerlich gedacht: „Nein“, „Bitte nicht!“, „Nicht jetzt!“, „Nicht so!“, und manchmal ist es dann sogar noch schlimmer gekommen als erwartet.
Hätte es nicht zu pathetisch und viel zu kitschig geklungen, hätte ich der jungen Frau gerne erzählt, was mir in solchen Situationen als vermögenswirksame Leistung dient: „Alles vermag ich durch den, der mir Kraft gibt“1, wie es im Philipperbrief heißt. In meine Altersvorsorge ist soviel eingezahlt worden, dass es für ein ganzes Leben hier auf der Erde und weit darüber hinaus reicht. Aber wie gesagt, dafür war nicht der Rahmen bei unserem Gespräch. Sechs Euro und fünfundsechzig Cent wandern nun zukünftig jeden Monat auf das Konto der Bausparkasse mit dem schlauen Fuchs. Und einmal am Tag, meist abends, geht ein Gebet raus für die zukünftige Familie und ihre Kinder. Als freiwillige Unterstützung des Arbeitgebers.
1 Phil 4,13