Ehrlich dauert am Längsten

Schon mal mitten in der Pampa, zwischen Köln und Sauerland, mit dem Auto unterwegs gewesen? Mit Schrecken fest gestellt, dass dein Tank leer ist, und das komplette Portemonnaie mit Geld, EC-Karte und ADAC-Card zu Hause auf dem Nachtschrank liegt? Eine echte Sch***-Situation, die nur noch dadurch getoppt werden kann, dass sowohl an der ersten wie auch an der zweiten Dorftankstelle der bzw. die Angestellte abwehrend den Kopf schütteln: Nein, Tanken auf Rechnung gäbe es nicht, grundsätzlich nicht, auch nicht gegen Vorlage des Personalausweises und Fahrzeugscheines, zu viele schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit und so weiter und so fort. Meine Frage, was denn in so einem Fall zu tun sei – zumal ich ja nicht mal Geld für ein Zugticket hätte, um irgendwo hin zu kommen – bleibt unbeantwortet. Keine Ahnung hätten sie da. Der Anruf bei einer örtlichen Polizeidienststelle ist ebenso ernüchternd: Wissen wir nicht, sind wir nicht für zuständig et cetera.

Auch die Recherche in einschlägigen Internetforen fördert wenig Brauchbares zu Tage: Geld mit Western Union schicken lassen, oder am Bahnhof so lange 1 Euro erbetteln, bis eine Tankfüllung zusammen gekommen ist. Auf solche Empfehlungen kann ich dankend verzichten. Aus vielen Beratungssituationen, besonders wenn es um familiäre Konflikte geht, weiß ich, dass Hilfe für ein Problem oftmals erst dann zu erwarten ist, wenn der Andere involviert ist, sprich: wenn er oder sie selbst einen Teil des Problems mit ausbaden muss. Also fahre ich an die dritte Tankstelle, tanke seelenruhig voll, und spiele dann bei der Dame hinter dem Tresen den ahnungslosen Portemonnaie-Vergesser. Keine zehn Minuten später bin ich, nach Unterschreiben einer Schuldanerkenntnis und Hinterlegung meines Fahrzeugscheins als Pfand, wieder auf der Autobahn und auf dem Weg zu meinem Termin. Sofort am nächsten Tag begleiche ich meine Schulden, und bin fortan um eine wertvolle Erkenntnis reicher: Nicht immer bringt freundliches Fragen weiter. Manchmal muss man einfach Tatsachen schaffen, um die Anderen auf diese Weise zu zwingen, bei der Lösung eines Problems behilflich zu sein.

Eine Frage lässt mich aber seitdem nicht los. Und die möchte ich hiermit mal direkt an den Betreiber der Tankstellen in Lindlar, Engelskirchen und Ründeroth stellen. Was für eine Sicherheit erwarten Sie eigentlich von einem Kunden, der bei Ihnen 45 Liter Super Benzin erwerben möchte? Ist die simple Tatsache, dass man jede Einverständniserklärung zum Lastschrifteinzug binnen der nächsten acht Wochen widerrufen kann, noch nicht bis zu Ihnen in den Oberbergischen Kreis vorgedrungen? Wenn ich heute keine Lust habe zu bezahlen, dann widerrufe ich meine Lastschrift und Sie laufen dem Geld hinterher. Mehr Identifikationsdaten als Personalausweis und Fahrzeugschein, meinetwegen noch ein Foto vom Kennzeichen, gibt es zumindest in der westlichen Zivilisation meines Wissens nicht. Es drängt sich mir irgendwie der Gedanke auf, dass man mir einfach nicht helfen wollte. Weil es ja ein zusätzliches Blatt Papier auszufüllen gegeben hätte. Weil man ja seinen Hintern ein paar Meter zum Kopierer hätte bewegen müssen. Aber wenn es Ihnen so lieber ist – kein Problem! Ich weiß ja jetzt, wie es geht.