Interessant, in wie vielen pädagogischen Konzepten die Rede davon ist, Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg ins Leben zu begleiten. „Wir wollen ihnen gute Begleiterinnen und Begleiter sein“. Das steht da. Wörtlich. Abgesehen davon, dass der Genderismus an dieser Stelle wirklich fehl am Platz ist. Meine Frage lautet: Wollen wir das wirklich? Gute Begleiter sein? Müssten wir nicht viel eher gute Führer sein?
Der wesentliche Unterschied zwischen einem Begleiter und einem Führer besteht meines Erachtens darin, dass der Führer Bescheid weiß, wohin die Reise geht. Im Idealfall ist er den Weg selbst schon einmal gegangen, den er führen will. Heißt so viel wie: Er kennt sich aus. Er kann vor Gefahren warnen, sinnvoll die Etappen einteilen. Er kann Motivation wecken und Krisen realistisch einschätzen. Alles das kann ein Begleiter nicht. Der Begleiter kann höchstens den Rucksack mal mit tragen, wenn es für die oder den Betreffenden zu schwer wird.
Die Angst, sich selbst oder jemand Anderen als Führer zu bezeichnen, mag in der deutschen Geschichte begründet liegen. Und soweit kann ich mit gehen, die genaue Wortwahl noch einmal zu überdenken. Aber der Gedanke darf nicht verloren gehen: Kinder und Jugendliche brauchen auf ihrem Weg ins Leben Begleiter; Die finden sie unter Gleichaltrigen, in ihren Peergroups, überall dort, wo sie leben. Unsere Aufgabe als Pädagoginnen und Pädagogen ist es, sie zu führen – auf dem Weg zum Erwachsensein, den wir (hoffentlich) selbst alle bereits erfolgreich gegangen sind.