Was mir Statistik so sympathisch macht, ist ihr unbedingter Zwang zur Ehrlichkeit. Auch wenn der Volksmund polemisch witzelt: “Glaub’ keiner Statistik, die du nicht selber geschönt hast”, so bleibt doch unumstritten, dass die statistische Methode einen hohen Zugewinn an Erkenntnis dort ermöglicht, wo emotionales Gesäusele und rechthaberische Positionskämpfchen den klaren Blick auf die Wirklichkeit eher verstellen als erleichtern.
Zu jeder Erfahrung, die einer macht, gibt es einen anderen, der schon einmal genau das Gegenteil erlebt hat: Hier die übergriffig agierenden Nordafrikaner auf der Domplatte, dort das Beispiel einer gelungenen Integration in einem alles andere als verheißungsvollen Umfeld. Da die immer weiter verrohende Jugend, hier die hochkompetente Mediengeneration U20, die sich mit interessierten Senioren auf das Abenteuer PC einlässt. Auf dem Feld der Erfahrung ist keine Wahrheit zu finden, sondern im Höchstfall – eine andere Erfahrung.
Die Zahl der Drogentoten, der gewalttätigen Übergriffe auf Polizist(inn)en während des Dienstes, der Jugendlichen ohne Schulabschluss und derjenigen, die sich extremistischen Organisationen im In- oder Ausland anschließen muss gegengerechnet werden mit dem Rückgang der jugendlichen Raucher, der Bereitschaft zu freiwilligem gesellschaftlichem Einsatz, den immer besser und höher qualifizierten Abiturient(inn)en und der Beteiligung an spontanen Hilfsaktionen für Flüchtlinge. Gerechnet – und nicht gemutmaßt oder geraten!
Hier kann ein Seitenhieb zu der mir am meisten am Herzen liegenden gesellschaftlichen Größe in unserem Land nicht ausbleiben: Liebe Verantwortliche der katholischen Kirche! Es ist peinlich und nebensächlich, alle Jahre wieder zu betonen, dass sich hier und da Aufbrüche ereignen, dass eine neue Sehnsucht nach Orientierung und Sinn zu spüren sei. Die Statistik spricht eine klare Sprache. Sie sagt: Es ist Zeit, das Feld zu räumen. Denn das, was ihr momentan unter den oben genannten Stichworten anbietet, das können Andere besser.
Mich tröstet, dass Jesus an keiner Stelle im Evangelium die Sinnsuche der Menschen thematisiert. Dass er kam, verkündigte, heilte – und dann wieder zurück kehrte dorthin, woher er gekommen war. Seine Geschichte ist ein statistisches Erfolgsmodell. Drei Jahre Einsatz – und über zweitausend Jahre Wirkungsgeschichte. Mir gefällt der Begriff von der Kirche als “sacramentum mundi” – “Sakrament für die Welt”. Dorthin kommen, wo die Menschen sind, verkündigen und heilen. Mit statistischem Anspruch meinetwegen. Aber bitte ohne Gelaber.