Confiteor

Ich bekenne: Ich habe ein Glaubensproblem. Nicht ein Glaubensproblem im klassischen Sinne, dass ich anzweifeln würde, ob es wirklich Gott gibt oder so. Der Vater, der Sohn, das alles sagt mir was. Sogar der heilige Geist kommt irgendwie noch als Figur in meinem Glaubenssystem vor. Meine Schwierigkeit beginnt in der zweiten Zeile vom Glaubensbekenntnis. Dort heißt es: „… den Vater, den Allmächtigen“ – womit ungefähr so viel gemeint ist wie: Gott kümmert sich voller Liebe um uns (Vater) und er kann alles, wirklich alles hinkriegen (Allmächtiger).

Schlaue Menschen aus meinem Freundeskreis sagen mir: Aber das ist doch gerade das Göttliche an Gott. Dass er Vater ist und zugleich allmächtig. Jep. Erwischt. Der, an den ich glaube, ist jemand Anderes als Gott. Ich glaube an ein höheres Wesen, das ungefähr so aussieht wie Gandalf der Graue aus „Der Herr der Ringe“, und an einen von ihm in die Welt gesandten Boten, Krieger des Lichts, was auch immer, der offiziell als sein Sohn Jesus bezeichnet wird.

Das Schlimme ist: Ich traue diesen beiden Wesen ziemlich wenig zu, was mein persönliches Leben betrifft. Ich lese gerne alte Geschichten aus der Bibel, nehme mir diejenigen zum Vorbild, die ihr Leben ganz auf diesen allmächtigen Gott und auf Jesus aufgebaut haben. Aber immer dann, wenn es wirklich interessant wird, dann steige ich innerlich aus. Die wichtigen Entscheidungen meines Lebens treffe ich lieber allein, oder mit guten Freunden. Ich wäge ab, was aus meiner Sicht moralisch vertretbar ist, was den größtmöglichen Vorteil für alle Beteiligten bringt. Manchmal auch – ganz ehrlich gesagt – womit ich mir selbst am wenigsten Probleme bereite. Mit Gott – oder: dem, den ich mir unter Gott vorstelle – bespreche ich dann am Ende nur noch die Details.

Ein ehrliches Gebet von mir sähe ungefähr so aus: „Lieber Gandalf-der-Graue-Gott, gucke mir bitte freundlich zu, wenn ich morgen das umsetze, was ich heute längst für mich allein entschieden habe. Kümmere dich um die paar Dinge, die nicht in meiner Macht liegen, und biege die auch noch in meinem Sinne hin. Falls du das überhaupt kannst. Amen“