Auferstehung – das ist so etwas wie der dicke fette Strich durch jede Rechnung. Das Schnippchen, das Gott all denen schlägt, die an die unbarmherzige Logik von Geburt und Sterben, von Mutation und Selektion, von gerechtem Lohn und verdienter Strafe glauben wollen. Bis hinter den eisernen Vorhang hat das göttliche Augenzwinkern es gebracht. Nicht nur als erstes Wort der DDR-Nationalhymne, sondern auch in der technisch nicht zu beseitigenden Lichtspiegelung auf dem Berliner Fernsehturm, die unter dem Namen „Rache des Papstes“ in die Touristenführer und Geschichtsbücher eingegangen ist.
Auferstehung ist eben immer größer, stärker und – anders. An manchen Tagen, beim Besuch des Werktagsgottesdienstes, frage ich mich, wann diese Erkenntnis sich bei den Geistlichen und Gläubigen im bürgerlichen katholischen Milieu durchsetzen wird. Ostern ist noch keine vierzehn Tage her, da stimmen die ersten Fachliturgen vor Ort bereits wieder den Gesang von unser aller Schmerz und Versagen an: Oh Lamm Gottes unschuldig… „Nein! Halt! Auferstanden!“ möchte man da am Liebsten rufen. „Auf-er-stan-den!!!“ Nicht tot, nicht sündig, nicht verloren. „Auferstanden!“
Der große Religionskritiker Nietzsche hat es auf den Punkt gebracht: „Die Christen müssten mir erlöster aussehen. Bessere Lieder müssten sie mir singen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte.“ Manchmal denke ich, da ist was Wahres dran. Die Osternacht in der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde lässt eine Ahnung davon aufkommen, wie so ein Fest der Auferstehung eventuell aussehen könnte. Die Teilnehmer liegen sich in den Armen, weinen, tanzen, lachen, und machen insgesamt einen viel lebendigeren Eindruck als bei der katholischen Feier schräg gegenüber.
Klar bin ich katholisch. Klar bleibe ich auch katholisch. Aber den tiefen Schmerz über diese oft so lebensverneinende Grundstimmung in meiner Kirche nehme ich durchaus wahr. Mir würde die Orgel nicht fehlen, nicht das riesengroße kalte Kirchenschiff, und nicht die geflüsterten Antworten der verängstigten und verstreuten Gläubigen in ihren Bänken. Mein Glaube ließe sich auch gut im Garten praktizieren, unter einem blühenden Kirschbaum.
Vielleicht schreibe ich beim nächsten Mal, wenn ein Formular mich nach meiner Konfession fragt, einfach: römisch-katholisch-auferstanden. Um deutlich zu machen, worauf es mir in meinem Glauben tatsächlich ankommt.