Habe ich das schon einmal zitiert? Ich glaube, ja. Selbst wenn – dieses Zitat kann man gar nicht oft genug bringen. Man müsste es im Grunde genommen in Stein meißeln und über jeder Kirchentür einmauern. Und dann noch anmalen. Bunt. Am Besten in Regenbogenfarben. Ich meine das Zitat von Friedrich Nietzsche: „Die Christen müssten mir erlöster aussehen. Bessere Lieder müssten sie mir singen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte.“
Jetzt, wo die Fastenzeit angefangen hat, da meinen nämlich alle wieder, sie müssten. Noch ein bisschen biestiger drein schauen. Nochmal eine Schüppe drauf legen in Richtung Selbsthass und Lebensfeindlichkeit: „Herr, wir kommen schuldbeladen…“ Klar, denke ich mir, mit Schuld beladen kommen wir irgendwie alle – aber müssen wir denn genauso Schuld beladen auch wieder nach Hause kriechen? Ist das der Sinn unseres christlichen Gottesdienstes, dass wir dort abgeholt werden, wo wir stehen – um dann am Ende wieder an der gleichen Stelle abgesetzt zu werden?
Mit den Augen der Spieltheorie betrachtet, würde man von einem Nullsummenspiel sprechen. Man geht zerknirscht und reumütig rein, und kommt zerknirscht und reumütig wieder raus. Keine Spur von Vergebung, kein Gefühl von Neubeginn, oder von Neuausrichtung. Klar, in den Worten schon. Aber in den Gesichtern und in der Musik kann ich meistens keine Veränderung feststellen. Und ich denke, es geht nicht nur mir so.
Eine alternative Fastenzeit sähe für mich so aus: Alle nehmen sich am Ende der Messe vor, heute mit einem freundlichen Lächeln in den Tag zu gehen. Öfter mal Fünfe gerade sein zu lassen, anstatt klebrig und pedantisch die Dinge nachzuverfolgen, die nicht gut laufen. Den lästigen Kleinkrieg über Posten und Positionen zu vergessen. So dass der olle Nietzsche irgendwann einpacken kann mit seinem Zitat. Er selber war übrigens auch nicht gerade erlöster, das nur am Rande bemerkt.