Gottes menschliche Umstände

Jesus war keine Frühgeburt. Aber auch kein Spätzünder. Dieser augenzwinkernden Erkenntnis hat die Kirche zum Durchbruch verholfen, indem sie bei der Festlegung der katholischen Feiertage im Jahreskreis die Verkündigung des Herrn auf den Tag genau neun Monate vor dem Weihnachtsfest platziert hat. Wenn Jesus am 25. Dezember geboren wird, muss er schließlich ungefähr am 25. März gezeugt worden sein. Deshalb feiern wir jedes Jahr genau am 25. März das Fest der Verkündigung des Herrn. Oder besser gesagt: fast jedes Jahr.

Wenn so wie in diesem Jahr ausgerechnet der Karfreitag oder ein anderer hoher Feiertag auf dieses Datum fällt, dann wird das Fest schlicht und ergreifend ein paar Tage nach hinten verlegt. Mich hat diese Verlegung im Kalender heute zum Nachdenken gebracht. Einerseits hätte ich mir während der eher stillen, düsteren Liturgie des Karfreitags auch kaum vorstellen können, das Evangelium vom Besuch des Engels bei Maria zu verlesen. Andererseits gibt es zwischen den beiden Ereignissen auf Golgota und in Nazareth viele theologische Parallelen. Warum nicht mal einen Passionsgottesdienst unter das Thema „Mir geschehe nach deinem Wort!“ stellen? Warum nicht die Präsenz von Maria, der weiblichen Seite der Menschheit, deutlicher heraus streichen? Kein anderes Fest betont so sehr die Menschlichkeit Jesu wie das Fest der Verkündigung des Herrn, mit seinem unmittelbaren Bezug auf die Schwangerschaft Mariens und das Geburtsfest neun Monate später an Weihnachten.

In den Minuten, während ich diese Zeilen schreibe, werden auf der Welt mehrere Kinder geboren. Menschen geben ihr Leben mit einem letzten Atemzug in die Hand ihres Schöpfers zurück. Paare setzen in einem Akt der Liebe den Beginn für neues Leben. Das sind die menschlichen Umstände Gottes, in die er hinein geboren wurde, und in die er hinein gestorben ist. Das ist das Leben.